Zehn Jahre noch, bis das C02-Emissionsbudget aufgebraucht ist und schließlich eine Spirale einsetzt, die die globale Erwärmung nicht mehr bei 1,5 Grad aufhalten kann. Stattdessen prognostizieren Forscher klimatische Effekte, die sich verselbständigen und bisher nicht absehbar sind. Eine Studie der ETH Zürich hat dies vor ein paar Wochen deutlich auf den Punkt gebracht: 2050 wird es in London so heiß sein, wie derzeit in Barcelona, Madrid wie Marrakesch, Berlin wie das australische Canberra.
Ein Umdenken ist also dringend notwendig und es gibt genügend Stellschrauben, an denen auch im E-Commerce gedreht werden kann, um klimaneutral und ökologisch zu handeln.
Recycling und nachhaltiges Verpackungsmaterial
Pro Jahr fallen in Deutschland über 18 Millionen Tonnen Verpackungsmüll an, angeführt von Papier und Pappe, gefolgt von Holz und Kunststoff. Wer recycelte Verpackung nutzt, schont nicht nur die Umwelt, sondern ebenso den Geldbeutel.
Ebenfalls eine gute Alternative sind Bio-Verpackungen, die sich einfach kompostieren lassen. Folie aus Algen, Verpackungschips aus Stärke oder Holzwolle, Pilze anstelle von Styropor, Folie aus Milchproteinen etc. – die Möglichkeiten sind vielfältig, wurden bereits auf ihre Funktionalität getestet und haben sich bewährt. Nur im Umlauf sind sie leider bisher kaum.
Oder – sofern es sich etabliert – ein Pfandsystem auf Versandboxen, die mehrfach verwendet und vom Kunden einfach an den Verkäufer zurückgeschickt werden können.
Verpackung, Versand und Retouren
Zu einer verbesserten Ökobilanz tragen auch ein paar kleine Änderungen in der Verkaufsstruktur bei. Anstelle Produkte einzeln zu verpacken, bieten sich – abhängig vom Produkt natürlich – vielleicht Groß- und Vorratsverpackungen an. Damit sparen Verkäufer Material, was sich ebenfalls positiv auf die Umwelt auswirkt.
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, nicht nur das Produkt schick zu verpacken, sondern der Verpackung selbst einen Mehrwert zuzuschreiben, ihr also quasi ein zweites Leben einzuhauchen? Pizzahut verwendete beispielweise einen Pizzakarton, der sich in ein Mischpult umfunktionieren ließ – eine originelle Idee, die garantiert durch den großen Spaßfaktor in den Köpfen der Kunden haften bleibt. Bestimmt unvergessen sind außerdem beispielweise die Senfgläser – nach dem Verzehr hatten sie ein zweites, langes Leben als Getränkegläser in diversen Küchenschränken.
Auch beim Versand ist der Trend der Paketdienstleister hin zu Klimaneutralität angekommen. So hat beispielsweise die GLS für Oktober 2019 angekündigt, alle Pakete klimaneutral zuzustellen. Auch UPS und DPD versenden, ohne einen CO2 Fußabdruck zu hinterlassen. Umgesetzt werden diese Vorhaben durch den Transport mit effizienteren Fahrzeugen, die Zustellung in der Stadt beispielsweise mit dem Fahrrad oder anhand von Investitionen in Klimaprojekte.
Bieten Sie in Ihrem Onlineshop diese klimaneutralen Versandoptionen gegen einen geringen Aufpreis an – viele Kunden werden froh sein, ihr grünes Gewissen ein Stück weit zu beruhigen.
Auch als Verbraucher kann man seinen Beitrag leisten zum Umweltschutz leisten, indem man bequeme Gewohnheiten ablegt und beispielsweise auf die Lieferung am nächsten Tag oder unnötige Rücksendungen verzichtet.
Ressourcen sparen bei eigenen Produkten
Was die CO2 Bilanz der verkauften Produkte angeht, hat der Händler wohl den besten Überblick und sollte sich Gedanken machen, ob er in der Wertschöpfungskette und dem Verkauf seiner Produkte nicht Ressourcen einsparen kann oder aber prüft, wie nachhaltig (im Bezug auf Umweltschutz, aber auch sozialer Verantwortung) sein Lieferant ist. Dies muss kein Verlustgeschäft sein, denn: Jeder zweite Deutsche achtet auf Nachhaltigkeit beim Onlineshopping, ein Teil ist auch bereit, dafür mehr zu bezahlen. Im Umkehrschluss kann sich Nachhaltigkeit also sogar finanziell lohnen und Marktsegmente bedienen, die bis dato unerschlossen sind.
Auch beim eigenen Produkt lassen sich beispielsweise Materialien verwerten, die bereits recycelt wurden und aus denen sich etwas Neues herstellen lässt – Stichwort Upcyling. Stoffe, Kunststoffe, Metall, Holz etc. bieten sich dafür meist an.
Ein großes Manko im (Online-)handel sind desweiteren der hohe Stromverbrauch. Viele Händler gehen deshalb dazu über, Ökostrom zu beziehen oder ihren Strom selbst zu produzieren. Auch kleine Maßnahmen, wie die Verwendung von LEDs haben positive Auswirkungen und senken den Stromverbrauch im stationären Handel enorm.
Nachhaltiger Ausgleich
Für das grüne Gewissen können Händler auch eines der zahlreichen Umwelt- und Klimaschutzprojekte unterstützen, die die Welt zu einem besseren Ort zu machen möchten. Dies sollte jedoch lediglich als Zwischenlösung dienen und nicht die eigenen Anstrengungen ersetzen, Emissionen zu verringern und CO2-neutral zu werden. 1700 Projekte sind bereits nach dem anspruchsvollen Gold Standard zertifiziert.
Erste Anstrengungen zeigen Wirkung
Die aktuellen Anstrengungen zahlen sich bereits aus. Wie die Klimaschutzoffensive des Handels zeigt, konnten Gewerbe, Handel und Dienstleistung ihren CO2 Ausstoß verglichen zu 1990 mehr als halbieren und haben seit 2013 bereits 500 Millionen Euro in Klimaschutz- und Energieeffizienz-Maßnahmen gesteckt. Positiv auf die Bilanz wirken sich insbesondere das Einsparen von Strom und Verpackungsmaterial aus. Noch ist es ein weiter Weg – doch der erste Schritt ist bereits getan.